- Title: Amri-Untersuchungsausschuss fordert Reformen
- Date: 18th December 2019
- Summary: REUTERS, BERLIN, 18.12.2019 OBMANN UND OBFRAUEN DES 1. UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSSES (BREITSCHEIDPLATZ) DER 19. LEGISLATURPERIODE GEHEN AN IHRE PLÄTZE PRESSEKONFERENZ, TOTALE O-TON OBMANN BENJAMIN STRASSER (FDP) ("Unserer Arbeit zeigt immer mehr, dass sowohl das Bundesamt für Verfassungsschutz, wie auch der BND bereits vor dem Anschlag ihre Finger im Spiel hatten. Ein Beispiel allein ist die Eintragung von Anis Amri in die Anti-Terror-Datei am 7. September 2016, die nicht von einer Polizeibehörde, sondern vom Bundesamt für Verfassungsschutz vorgenommen wurde.") ZUHÖRER O-TON OBMANN BENJAMIN STRASSER (FDP) ("Unsere Arbeit hat begonnen mit einem Versprechen, einem Versprechen der Frau Bundeskanzlerin, nach umfassender Aufklärung, das ja immer wieder auch erneuert worden ist, von Herrn Seehofer. Von diesem Versprechen ist nichts mehr übrig geblieben.") SAAL DER BUNDESPRESSEKONFERENZ O-TON OBFRAU MARTINA RENNER (DIE LINKE) ("Es mangelte aber auch an fachlicher Kompetenz. Ein Beispiel: Ein Kommissariatsleiter aus dem Bereich dschihadistischer, islamistischer Terrorismus und Gewalttaten sagte vor dem Untersuchungsausschuss, er hätte im Jahr 2016 keine Kenntnis vom Abu-Walla-Netzwerk gehabt. Und wir haben ja eben von Kollegen Strasser gehört, wie zentral die Einbindung des späteren Attentäters in diese Struktur war.") NAH, HÄNDE DER ZUHÖRER O-TON OBFRAU IRENE MIHALIC (DIE GRÜNEN) ("Und wir müssen einfach konstatieren, dass die Sicherheitsbehörden wirklich mit einer falschen Gefahreneinschätzung unterwegs waren. Sie haben die Person Anis Amri falsch eingeschätzt, sie haben seine Anschlagspläne auf Bundesebene zum Teil nicht ernst genommen. Dass es insbesondere dann sehr deutlich geworden, als das Landeskriminalamt sehr, sehr häufig aus Nordrhein-Westfalen, darauf hingewiesen hat, dass Anis Amri eben hochgefährlich ist.") ZUHÖRER O-TON OBMANN BENJAMIN STRASSER (FDP) ("Ich möchte ungern im Plenum des Deutschen Bundestages stehen zur Abschlussdebatte und sagen, ich kann den Fall nicht vollumfänglich bewerten, weil die Bundesregierung uns nicht alle Akten und alle Zeugen gegeben hat, die wir benötigen. Herr Seehofer hat es in der Hand, das zu tun, und er tut es nicht, von dem her sind das warme Worte, die die Realität so nicht abbilden.") ZUHÖRER O-TON OBMANN BENJAMIN STRASSER (FDP) ("Natürlich kann man in einer offenen, freien Gesellschaft Anschläge nie ganz verhindern. Das werfen wir auch keinem vor. Wir werfen auch niemandem vor, dass bestimmte Fehler passieren, wenn man arbeitet. Was wir aber kennen, ist, dass wir systemisches Versagen haben. Nach NSU haben wir jetzt einen anderen Phänomenbereich, wo ähnliche Fehler wieder passieren.") ZUHÖRER O-TON OBMANN BENJAMIN STRASSER (FDP) ("Wir brauchen eine Reduzierung der Anzahl der Behörden, damit Informationen nicht verloren gehen. Wir brauchen eine Rechtsgrundlage für das gemeinsame Terrorismus-Abwehrzentrum, wo nachweislich ja Protokolle falsch sind.") KAMERAMANN O-TON OBFRAU MARTINA RENNER (DIE LINKE) ("Ich halte es auch für einen systemischen Fehler, dass im Zusammenspiel der Geheimdienste mit den Strafverfolgungsbehörden, wir auch in diesem Komplex, ähnlich wie beim Rechts-Terror den Eindruck haben, dass dort eine Interessenkollision stattfindet und in der Folge Quellenschutz über tatsächlichen Opferschutz oder effektive Gefahrenabwehr und Strafverfolgung gesetzt wird.") REUTERS, BERLIN, 19.12.2016 EINSATZKRÄFTE AM BREITSCHEIDPLATZ, ANKUNFT KRANKENWAGEN DER BERLINER FEUERWEHR LKW-KENNZEICHEN NAH ZERBORSTENE SCHEIBE VON LASTWAGEN AM TATORT POLIZISTEN AM ANSCHLAGORT
- Embargoed: 1st January 2020 14:01
- Keywords: Anis Amri BKA LKA Seehofer Terroranschlag Untersuchungsausschuss Verfassungsschutz de Maiziere
- Location: BERLIN
- City: BERLIN
- Country: Germany
- Topics: Government/Politics
- Reuters ID: LVA001BAI4XG3
- Aspect Ratio: 16:9
- Story Text: Der Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz hat die Arbeit der Bundesregierung scharf kritisiert und Reformen gefordert.
Bei der Vorstellung seiner Zwischenbilanz am Mittwoch in Berlin führten die Obleute der Oppositionsparteien zahlreiche Beispiele für eine mangelhafte Arbeit der Sicherheitsbehörden im Fall Anis Amri an. "Unserer Arbeit zeigt immer mehr, dass sowohl das Bundesamt für Verfassungsschutz, wie auch der BND bereits vor dem Anschlag ihre Finger im Spiel hatten", sagte etwa Benjamin Strasser, Obmann für die FDP. Die Behörden hätten sich zu schnell auf die Theorie des Einzeltäters festgelegt und die Gefahrenlage unterschätzt. Die Kommunikation der verschiedenen Behörden untereinander sei ebenfalls mangelhaft gewesen. So sei etwa das Bundeskriminalamt nicht ausreichend auf Warnungen des LKA aus Nordrhein-Westfalen eingegangen. Der Ausschuss kommt zu dem Schluss, dass der Fall Anis Amri systemische Fehler aufzeige, die es auch schon bei den Ermittlungen zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) gegeben habe. Obfrau Martina Renner (Die Linke), sagte in diesem Zusammenhang, sie habe den Eindruck, dass der "Quellenschutz über tatsächlichen Opferschutz oder effektive Gefahrenabwehr und Strafverfolgung gesetzt wird." Gemeint ist die Zusammenarbeit mit V-Leuten. Dieses Vorgehen hätte schon bei den Ermittlungen zum NSU gestoppt werden müssen, so Renner.
Zudem müssten die Schnittstellen zwischen den Nachrichtendiensten und den Polizeien klarer gefasst werden und das Bundesamt für Verfassungsschutz müsse reformiert werden, so Irene Mihalic von Bündnis 90/Die Grünen.
Die Obleute kritisierten zudem mangelnde Unterstützung in ihrer Arbeit seitens der Bundesregierung, was sich unter anderem in erschwerter Akteneinsicht äußere.
Der 1. Untersuchungsausschuss der 19. Legislaturperiode wurde am 1. März 2018 vom Bundestag eingesetzt. Der Ausschuss soll laut Information des Bundestags den Anschlag und seine Hintergründe aufklären und sich ein Gesamtbild vom Handeln der zuständigen Behörden verschaffen. - Copyright Holder: REUTERS
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