- Title: Berliner Clubs bangen um Existenz in Corona-Krise
- Date: 11th March 2020
- Summary: REUTERS, BERLIN, 11.03.2020 GEBÄUDE DER CLUBCOMMISSION AUF DEM GELÄNDE DES SAGE CLUBS BERLIN, DIVERSE EINSTELLUNGEN PLAKAT AM GEBÄUDE PRESSEKONFERENZ MIT LUTZ LEICHSENRING, SPRECHER DER BERLINER CLUBCOMMISSION UND SASCHA DISSELKAMP, VERBANDSMITGLIED UND BETREIBER DES BERLINER CLUBS "SAGE" PLAKAT 'CLUBCOMMISSION' AN WAND O-TON LUTZ LEICHSENRING, SPRECHER DER BERLINER CLUBCOMMISSION ("Das gibt uns erst mal Rechtssicherheit. Das ist erst mal was, wo wir sagen können, da wissen wir zumindest mal, das, also wir sind ja keine Ärzte, wir können diese Entscheidung gar nicht selbst treffen, können wir nach bestem Wissen und Gewissen handeln? Diese Entscheidung wurde uns jetzt schon mal abgenommen. Mit den Konsequenzen müssen wir jetzt arbeiten. Wir können noch nicht genau sagen, wie sich das finanziell auswirkt. Ob wir da irgendeinen Vorteile dadurch haben. Ich sehe jetzt erst einmal, dadurch, dass wir diese Virusinfektionen haben, nur Nachteile. Und wir müssen gucken, dass wir diese Krise, die wahrscheinlich die größte ist in der Nachkriegsgeschichte für die Kulturszene dieser Stadt, dass wir die meistern." JOURNALISTIN O-TON LUTZ LEICHSENRING, SPRECHER DER BERLINER CLUBCOMMISSION ("Aber die kleinen trifft es jetzt natürlich auch schon, indem Konzerte abgesagt werden, Künstler, die vom Ausland kommen, sind unter Quarantäne. Wir haben da bereits schon rasselige Absagen, Sascha hat es auch schon gerade eben gesagt.") O-TON LUTZ LEICHSENRING, SPRECHER DER BERLINER CLUBCOMMISSION ("Es trifft uns gerade richtig hard. Wir sind Dienstleister, um Meschen zusammen zu bringen. Und in diesem Business ist gerade kein Geld zu verdienen, würde ich sagen.") O-TON SASCHA DISSELKAMP, VERBANDSMITGLIED UND BETREIBER DES BERLINER CLUBS "SAGE" ("Und tatsächlich muss auch eine einheitliche Lösung her. Weil, ich könnte das für meinen Laden gar nicht alleine entscheiden. Ich müsste es in einen größeren Kreis diskutieren, damit alle das auch verstehen, warum wir diesen Schritt machen. Vor allen Dingen bringt es tatsächlich das Problem mit... wir haben so etwa 60, 70 Angestellte. Ich wüsste wirklich ab dem 10. April eigentlich nicht mehr, woher ich die Löhne nehmen sollte, wenn die Läden zu sind. Wir sind wirklich auf Kante genäht. Wir haben keine Rücklagen.") LEICHSENRING UND DISSELKAMP AUF PRESSEKONFERENZ O-TON SASCHA DISSELKAMP, VERBANDSMITGLIED UND BETREIBER DES BERLINER CLUBS "SAGE" ("Das ist eine Sache, die haben wir so noch nie erlebt. Und vor allen Dingen, weil wir nicht wissen, wann das endet, ist es für uns eigentlich gerade nicht einzukalkulieren, was da eigentlich auf uns zukommt.") O-TON SASCHA DISSELKAMP, VERBANDSMITGLIED UND BETREIBER DES BERLINER CLUBS "SAGE" ("Also eigentlich ist für mich die Frage auch ans Gesundheitssystem: Wann seid ihr denn so weit, dass ihr wieder Atemschutzmasken, Schutzanzüge, Reinigungsmittel, Betten.... wann habt ihr das? Wann habt ihr die Mitarbeiter dafür, dass wir nicht italienische Verhältnisse haben? Das sind für mich die spannenden Fragen, die uns dann vielleicht auch beantworten, wann wir wieder alle so leben können, wie wir das gewohnt sind.") JOURNALISTIN O-TON LUTZ LEICHSENRING, SPRECHER DER BERLINER CLUBCOMMISSION ("Aslo das eine ist Hygiene und die Vorsicht und die Vorstellung, dass ein Raum nicht so eng gedrängt ist, dass Menschen sich gegenseitig zu sehr auf die Pelle rücken. Wir wissen, dass das immer noch ein Risiko birgt, insbesondere in Räumen, die nicht gut belüftet sind. Wir reden jetzt auch gerade über eine Situation, die für uns so ungreifbar ist, weil noch nicht die Masse an Infizierten da ist, sondern wahrscheinlich auch immer noch 99,9% der Gäste gesund. Aber dieses 0,1% ist dann aber auch der ausschlaggebende Fall.") LEICHSENRING UND DISSELKAMP AUF PRESSEKONFERENZ 16 O-TON LUTZ LEICHSENRING, SPRECHER DER BERLINER CLUBCOMMISSION ("Momentan ist eher die Frage, können wir das aufhalten, damit es nicht unser Gesundheitssystem überlastet? Und da sehen wir uns eben auch in der Verantwortung, unseren Beitrag zu leisten. Und zwar ohne dass wir nach zwei Wochenenden zumachen, alle Mitarbeiter entlassen und die Kultur in Berlin quasi danach vor dem Aus steht.") GEBÄUDE DER CLUBCOMMISSION AUF DEM GELÄNDE DES SAGE CLUBS BERLIN
- Embargoed: 25th March 2020 19:07
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- Location: BERLIN
- City: BERLIN
- Country: Germany
- Topics: Health/Medicine
- Reuters ID: LVA001C4LYMOJ
- Aspect Ratio: 16:9
- Story Text:Die Berliner Clubszene zeigt sich von der Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland alarmiert. Der Sprecher des Verbandes Clubcommission, Lutz Leichsenring sprach am Mittwoch von der wahrscheinlich größten Krise für die Kulturszene in der Nachkriegsgeschichte der Stadt.
Die Entscheidung des Berliner Senats, Großveranstaltungen ab einer Teilnehmerzahl von 1000 Menschen bis zum Ende der Osterferien zu untersagen, wurde von der Clubcommission prinzipiell begrüßt, sie forderte aber eine Lösung auch für kleine Clubs. Der Verband schätzt, dass nur vier bis zehn Prozent der Läden eine Kapazität von 1.000 Personen und mehr haben.
Das Berliner Verbot betrifft bislang nur Großveranstaltungen, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mahnten jedoch, auch für Veranstaltungen im kleineren oder privaten Kreis zur Vorsicht.
Die Clubcommission hatte nach einem Infektionsfall im Club "Trompete" bereits Anfang dieser Woche eine Task-Force eingerichtet. Bei einem Krisentreffen mit knapp 50 Clubbetreibern und Veranstaltern wurden Maßnahmen beschlossen, die bereits am kommenden Wochenende zum Einsatz kommen sollen: So werden Besucher in Berliner Clubs temporär mit ihrer Emailadresse und/oder einer Telefonnummer registriert. Zudem richten die Clubs eine Kontaktadresse ein, um beim Hinweis einer Erkrankung eines Besuchers, das Gesundheitsamt unmittelbar zu informieren und die Kontaktdaten weitergeben zu können.
In Clubs wie dem Kitkat im Bezirk Mitte wurden bereits Umbaumaßnahmen im Eingangsbereich durchgeführt, Handzettel mit Informationen an Gäste verteilt, Kontaktadressen der Besucher aufgenommen und über Social Media informiert.
Da auch die Platz- und Lüftungsverhältnisse Auswirkungen auf die Verbreitung des Virus haben, empfiehlt die Clubcommission zudem, die Gästeauslastung auf 70% zu reduzieren. Zusätzlich werden erweiterte Hygienemaßnahmen durchgeführt und auch die Gäste umfassend über ihre Eigenverantwortung informiert.
Dennoch sei jetzt schon bereits absehbar, dass die Verbreitung des Corona-Virus für viele Clubkulturbetreiber signifikante wirtschaftliche Auswirkungen haben werde. Denn vor allem die privatwirtschaftlich agierenden Musikspielstätten, die in der Regel ohne öffentliche finanzielle Unterstützungen auskommen, sind ohne die notwendigen Erlöse nicht überlebensfähig und agieren in ihrer Kosten- und Erlösstruktur im Grenzkostenbereich.
Eine temporäre Schließung von Berliner Clubs wird von der Task-Force ebenfalls in Erwägung gezogen, allerdings fürchten sie, das dies zur Insolvenz der meisten Clubs führen könnte. Die Clubcommission hat daher im Kontakt zu Banken und Crowdfunding-Anbietern, sowie dem Berliner Senat aufgenommen, um einen Rettungsfonds für soziale Härtefälle einzurichten.
Die Clubs sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Berlin. Laut einer Studie der Clubcommission macht die Szene etwa 260 Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Durch indirekte Faktoren, also das Geld, das Partytouristen insgesamt in der Stadt lassen, nehme Berlin etwa 1,4 Milliarden Euro ein, sagte Leichsenring.
In die Pressekonferenz am Mittwoch platzte auch die Nachricht, dass der weltbekannte Club Berghain bis zum 20. April geschlossen bleibt.
In Deutschland wurden nach aktualisierten Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) inzwischen 1567 Infektionen festgestellt. An der Erkrankung gestorben sind demnach bislang drei Menschen.
Die Welthandelsorganisation (WHO) hat am Mittwoch die Verbreitung des Coronavirus offiziell als Pandemie eingestuft. Die Zahl der Fälle außerhalb Chinas sei in den vergangenen beiden Wochen um das 13-Fache angestiegen, sagt WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus. - Copyright Holder: REUTERS
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