- Title: Kriegsveteran erinnert sich an die Befreiung des KZ Auschwitz
- Date: 15th January 2020
- Summary: REUTERS, MÜNCHEN, 14.01.2020 KAMERAFAHRT AN DEGENKLINGE ENTLANG AUF GESICHT DES KRIEGSVETERANEN DAVID DUSHMAN DUSHMAN MIT DEGEN IN DER HAND UND ORDEN AM REVERS BUCHCOVER „DAVID DUSHMAN" DUSHMAN UND BEKANNTE VALENTINA LIPOVIZKA BLÄTTERN IN BUCH, DIVERSE EINSTELLUNGEN ORDEN ANLÄSSLICH DES 70. JUBILÄUMS DES SIEGES ÜBER NAZIDEUTSCHLAND AN JACKE DUSHMAN BEIM INTERVIEW DI
- Embargoed: 29th January 2020 08:59
- Keywords: Auschwitz Befreier Hitler KZ Nationalsozialismus Rote Armee
- Location: MÜNCHEN
- City: MÜNCHEN
- Country: Germany
- Reuters ID: LVA001BWA92S3
- Aspect Ratio: 16:9
- Story Text: David Dushman ist immer noch stolz auf seine Reaktionsschnelligkeit. Beim Fechten kann ihm immer noch kaum einer was vormachen. Dabei ist er bereits 96 Jahre alt und blickt auf ein bewegtes Leben zurück: Er ist einer der letzten noch lebenden Befreier des Konzentrationslagers Auschwitz. Er gehört zu den größten Fecht-Idolen des 20. Jahrhunderts, war Trainer der russischen Fecht-Nationalmannschaft. Noch immer ist er stolzes Mitglied bei Spartak Moskau. Und nun lebt er in München.
Geboren wurde Dushman 1923 in Danzig, aus politischen Gründen ließ seine Mutter aber die Stadt Minsk in seinen Pass eintragen. In der Stalin-Zeit fiel seine jüdische Familie in Ungnade, doch im Fechtsport fand der junge David Abstand zur Ächtung der Familie.
Nach dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion meldete er sich 1941 freiwillig zum Dienst bei der damaligen Sowjetarmee, der Roten Armee. Vier Jahre später sitzt David Dushman als Teil der ersten weißrussischen Front im Panzer und gemeinsam mit einem Ukrainer und einem Russen rollt der erst 22-Jährige mit den jüdischen Wurzeln nach Auschwitz. Sie reißen in aller Eile alles nieder, was ihnen in den Weg kommt. Zäune, Stacheldraht, Befestigungsanlagen der Nazis. "Wir haben das alles kaputt gemacht mit Panzermaschinen und fuhren weiter", erzählt Dushman im Interview mit Reuters TV in München, rund 75 Jahre später. Vorher hatten sie den befreiten Gefangenen noch alle ihre Lebensmittel gegeben, erinnert sich Dushman, und man sieht ihm die Rührung an, wenn er über die Vergangenheit erzählt, als sei es gestern gewesen.
Nach zwanzig Minuten, so erinnert sich Dushman, müssen sie weiter, so lautet der Befehl, weiter nach Berlin, um Deutschland von den Faschisten zu befreien. Erst im Nachhinein wird ihm bewusst, dass er als Jude ein Vernichtungslager befreit hat, ein Konzentrationslager, in dem über eine Million Juden ermordet wurden. „Wir haben nicht gewusst, dass das dort Ausschwitz ist. Sie haben dort gestanden. Alle in Uniformen. Nur Augen. Nur Augen. Ganz schmal. Schrecklich. Das war sehr schrecklich."
Beim Sprechen und Gestikulieren klimpern die unzähligen Orden und Auszeichnungen, die an seinem Jackett angebracht sind. Jeder einzelne der mehr als 40 Orden erzählt eine Geschichte. Denn die Geschichte von Dushman geht nach dem Krieg weiter. In seiner Panzerabteilung kämpften damals 12.000 Mann, von denen nur 69 den Krieg überlebten.
Dushman ist einer von ihnen und studiert nach Kriegsende seinen Eltern zuliebe Medizin, doch seine große Leidenschaft war und ist das Fechten. Er wird sowjetischer Fechtmeister, erkämpft sich eine Medaille nach der anderen. Nach seiner Laufbahn als aktiver Sportler geht die Karriere als Trainer weiter. Bei Spartak Moskau, bei der russischen Nationalmannschaft, in Österreich und in Deutschland. 1996 zieht Dushman mit seiner Frau nach München, um den Lebensabend zu genießen, doch so richtig zur Ruhe setzen kann er sich nicht..
David Dushman lacht sein ansteckendes Lachen. Eifrig holt er alte Fotos und Alben hervor, begleitet vom sanften Geklingel der Orden an seiner Brust. Er stellt seine Mutter auf den Fotos vor, seinen Vater, der 1949 in einem sowjetischen Internierungslager für politisch Inhaftierte umkommt und seine Frau, die ihn sein Leben lang begleitete und in München an Alzheimer starb.
Und gern demonstriert Dushman seine Reaktionsfähigkeit und lässt die blauen Augen blitzen. Nur die Ohren wollen nicht mehr so richtig mitspielen. Doch das ficht den Veteranen nicht an. Er lacht sein ansteckendes Lachen und präsentiert voller Stolz einen Glückwunschbrief des russischen Präsidenten Putin zum 74. Jahrestag des "Tages des Sieges", dem Sieg über Nazideutschland. - Copyright Holder: REUTERS
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