- Title: Heusgen - Pistorius hat Leopard-Entscheidung auf Elfmeterpunkt
- Date: 18th January 2023
- Summary: REUTERS, BERLIN, 18.01.2023 ANKUNFT CHEF DER MÜNCHNER SICHERHEITSKONFERENZ, CHRISTOPH HEUSGEN HEUSGEN UNTERHÄLT SICH MIT JOURNALISTEN, DIVERSE EINSTELLUNGEN O-TON CHEF DER MÜNCHNER SICHERHEITSKONFERENZ, CHRISTOPH HEUSGEN ("Ich glaube, das wäre ein..., da wird ihm, glaube ich, der, sozusagen der Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt. Und er braucht jetzt nur noch den Elfmet
- Embargoed: 1st February 2023 14:43
- Keywords: Bundeswehr Heusgen Krieg Russland Sicherheit Sicherheitskonferenz Urkaine
- Location: Berlin
- City: Berlin
- Country: Germany
- Topics: Diplomacy/Foreign Policy,Europe,Government/Politics
- Reuters ID: LVA001331518012023RP1
- Aspect Ratio: 16:9
- Story Text: Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius muss nach Ansicht des Chefs der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, die Zustimmung zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine geben. "Da wird ihm sozusagen der Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt. Er braucht jetzt nur noch den Elfmeter zu verwandeln", sagte Heusgen am Mittwoch im Reuters-TV-Interview.
Dann könnte Pistorius auf dem sogenannten Ramstein-Treffen der westlichen Alliierten am Freitag mit einem schönen Erfolg in sein Amt starten. Er finde den Vorschlag des European Council on Foreign Relations (ECFR) richtig, dass die Europäer ein Konsortium bilden sollten, um Leopard-Panzer zu liefern und sich über die Typen und Ausbildung ukrainischer Soldaten verständigten. "Ich hoffe doch sehr, dass aus Ramstein das Signal ausgeht: Ja, wir machen das." Deutschland solle auf die Partner hören, die das wollten und "im Geleitzug vorangehen".
Das Argument von Kanzler Olaf Scholz, dass die USA unbedingt mit an Bord sein müssten, wollte Heusgen nicht gelten lassen. Die US-Regierung habe klargemacht, dass sie froh wäre, wenn Deutschland mehr machen würde. "Da können wir uns jetzt nicht hinter den Amerikaner verstecken, sondern da ist Führung gefragt." Die Leopard-Panzer seien wichtig, damit die Ukrainer besetzte Gelände zurückerobern könnten. Dies wiederum sei entscheidend, weil man gesehen habe, welche Kriegsverbrechen Russland in den besetzten Gebieten verübe. "Wenn Russland sieht, dass es militärischen Erfolg hat, dann wird es weitermachen. Putin geht davon aus, dass er letztlich den längeren Atem hat, als wir das haben."
Zurückhaltend reagierte Heusgen dagegen auf die Forderung des früheren ukrainischen Botschafters Andreij Melnyk, dass Deutschland auch Tornado-Kampfjets liefern sollte. Dies habe eine völlig andere Dimension. Deutschland engagiere sich bereits bei der Luftabwehr, das solle man fortsetzen. Es wäre aber falsch, "rote Linien" zu definieren. "Wir sollten das jetzt nicht kategorisch ausschließen."
Die Gefahr einer atomaren Eskalation sieht Heusgen nicht. "Ich halte das für ausgeschlossen." Russland würde sich beim Einsatz von Atombomben völlig isolieren, weil auch China dann seine schützende Hand entziehen würde. Die USA hätten vor katastrophalen Auswirkungen gewarnt.
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) wird es diesmal nicht zu einem Schlagabtausch mit Vertretern der russischen Regierung kommen. Heusgen erklärte im Interview, dass er die russische Regierung nicht eingeladen habe. "Wir wollen die Münchner Sicherheitskonferenz nicht als Bühne denjenigen bieten, die das internationale Recht mit Füßen getreten haben", sagte er zur Begründung. Russland habe nach seinem Angriff auf die Ukraine vor fast einem Jahr alle Vermittlungsversuche abgelehnt und beharre nach wie vor auf Maximalpositionen. Man werde aber Vertreter der russischen Zivilgesellschaft einladen.
Erwartet werden bei der größten außen- und sicherheitspolitischen Veranstaltung in Deutschland vom 17. bis 19. Februar unter anderem Dutzende Regierungschefs, Präsidenten sowie Außen- und Verteidigungsminister aus aller Welt. Heusgen verwies darauf, dass man angesichts des Jahrestages des russischen Angriffs in die Ukraine am 24. Februar diesmal nicht nach Differenzen, sondern nach dem Verbindenden suchen werde. Man wolle deshalb auch wegkommen von einer Konferenz, auf der vor allem Europäer und Amerikaner miteinander berieten. Ausdrücklich würden diesmal mehr Vertreter des globalen Südens eingeladen. Es gehe angesichts des russischen "Zivilisationsbruchs" darum, sich mit denjenigen abzustimmen, die eine regelbasierte Ordnung und die Erklärung der allgemeinen Menschenrechte hochhielten. Auch Kanzler Olaf Scholz hatte gemahnt, dass man angesichts des russischen Angriffs die Verständigung mit wichtigen Schwellenländern verstärken müsse - zumal sich die Welt nicht in eine bipolare Ordnung um die USA und China entwickele, sondern in eine multipolare Welt mit vielen starken Zentren.
"Wir müssen unser Verhältnis zu dem globalen Süden ändern, wir müssen uns sehr viel intensiver darum kümmern", sagte Heusgen. Im Mittelpunkt müssten dabei Länder stehen, in denen es eine gute Regierungsführung gebe und den Ansatz dafür, eine Partnerschaft auszubauen. Er rechne damit, dass China hochkarätig in München vertreten sein werde. Es habe auch aktive Anfragen aus Peking gegeben. China befinde sich in einer anderen Situation als Russland. Das Land wolle Weltmacht Nummer eins werden. "Das wird man nicht, wenn man die internationale Weltgemeinschaft ständig konfrontiert." Man dürfe sich aber auch keine Illusionen machen. "China wird sich nicht substanziell von Russland abwenden", betonte Heusgen. China profitiere von der Situation durch den Ukraine-Krieg und der Isolation Russlands. Er glaube, dass Russland langfristig gesehen die "Tankstelle Chinas" werde, sagte er in Anspielung auf russische Gas- und Öllieferungen.
Er erwarte durchaus Diskussionen unter den Europäern, sagte Heusgen auf die Frage nach möglichen Differenzen zwischen Osteuropäern und etwa Deutschland in der Ukraine-Frage. Aber er hoffe, dass man angesichts der Lage das Verbindende sehr viel stärker betonen werde.
(Produktion: Gideon Malherbe, Andreas Rinke, Tanja Daube) - Copyright Holder: REUTERS
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